Einsatz von Medikamenten zum Abnehmen
Die Werbung verspricht es, doch die Wunderpille, die im Handumdrehen die Pfunde purzeln lässt, gibt es nicht. Es gibt dennoch Medikamente, die eine Gewichtsreduktion bei Adipositas unterstützen.
Medikamente zum Abnehmen alleine sind keine Lösung
Gründe für eine Medikamenteneinnahme:
- eine lange Diätvergangenheit
- Begleiterkrankungen
- eine lang bestehende Adipositas
- keine zufriedenstellende Gewichtsabnahme durch Lebensstilveränderungen
Grundsätzlich gilt, dass Medikamente eine Unterstützung sein können und keine alleinige Therapie für eine Gewichtsabnahme sind [1].
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Wer verschreibt Medikamente zum Abnehmen?
Ob Medikamente zum Einsatz kommen, entscheiden die behandelnden Ärzt:innen. Gleichzeitig zur Medikamenteneinnahme ist es notwendig, dass du dir eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung angewöhnst. Das verhindert eine erneute Gewichtszunahme, wenn du die Medikamente absetzt. Eine konventionelle Adipositas-Therapie unterstützt dich dabei.
Wie viel nimmt man mit Medikamenten ab?
Bei gleichzeitiger Veränderung des Lebensstils können Medikamente dafür sorgen, dass etwa drei bis fünf Kilo im Jahr zusätzlich reduziert werden. Eine Studie zeigt, dass Menschen mit einer kalorienreduzierten Kost in Verbindung mit Orlistat bis zu 4,65 Kilo pro Jahr abgenommen haben. Dabei verloren die Probanden durch die Medikamenteneinnahme etwa 2,0 Kilo mehr in den ersten 12 Monaten, als die Vergleichsgruppe, die ein Placebo erhielt [2].
Gut zu wissen
Sollte es nach drei Monaten nicht zu einer Gewichtsabnahme von mind. 5 % deines Ausgangsgewichts kommen, wird das jeweilige Medikament nicht weiter verschrieben.
Kostenübernahme: Zahlt die Krankenkasse?
Medikamente zum Abnehmen gehören zu den „Lifestyle-Arzneimitteln“. Somit werden die Kosten in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland übernommen.
Tabletten zum Abnehmen
Orlistat: verringerte Fettaufnahme
Das Medikament Orlistat (Xenical®) blockiert die fettspaltenden Enzyme (Lipasen) im Dünndarm. Dadurch verdaut der Körper ca. 30 % der Nahrungsfette nicht. Eine fettarme Ernährung muss eingehalten werden, ansonsten kann es zu starken Nebenwirkungen kommen.
Orlistat wird zu jeder Hauptmahlzeit eingenommen. Je nach Studie kannst du mit Orlistat 4 kg pro Jahr zusätzlich zur Lebensstilumstellung abnehmen. [7, 8]
Verschreibung:
- BMI ab 28 mit Folge- oder Begleiterkrankungen
- BMI ab 30 ohne Folge- oder Begleiterkrankungen
- Nachweis: konventionelle Adipositastherapie führt nicht zum gewünschten Behandlungserfolg
➚ Hier kannst du deinen BMI ausrechnen.
Mögliche Nebenwirkungen:
- fetthaltiger Stuhl
- häufiger Stuhlgang
- Magen-Darm-Beschwerden wie Blähbauch und Durchfall
Hinweis
Niedrig dosiertes Orlistat (60 mg) ist in Apotheken frei verkäuflich. Laut Stiftung Warentest ist es allenfalls zur Unterstützung von stark übergewichtigen Menschen, die sich fettarm ernähren, geeignet. [8]
Naltrexon/Bupropion: Appetithemmung
Die Wirkstoffkombination aus Naltrexon und Bupropion (Mysimba®) wirkt im Gehirn, hemmt den Appetit und steigert den Energieverbrauch des Körpers. Diese Tabletten zum Abnehmen werden oral eingenommen. Im Schnitt konnte in Studien eine Gewichtsreduktion von 5 bis zu über 15 % erreicht werden [5, 9].
Verschreibung:
- BMI ab 27 in Kombination mit Folge- oder Begleiterkrankungen
- BMI ab 30 ohne Folge- oder Begleiterkrankungen
- Nachweis: konventionelle Adipositastherapie führt nicht zum gewünschten Behandlungserfolg
Mögliche Nebenwirkungen:
- Übelkeit und Erbrechen
- Verstopfung
- Schlaflosigkeit, Angstzustände
- Kopfschmerzen
- erhöhte Herzfrequenz [6]
Dieses Kombi-Präparat enthält zwei Wirkstoffe: Naltrexon und Bupropion. Die Substanzen wirken auf zwei verschiedene Bereiche im Gehirn und sollen dort den Appetit hemmen. Die Tabletten werden oral eingenommen und die Gabe schrittweise bis auf zwei Tabletten täglich gesteigert. Sollte es nach drei Monaten nicht zu einer Gewichtsabnahme von 5 % des Ausgangsgewichts gekommen sein, wird das Medikament nicht weiter verschrieben. Im Schnitt konnte eine Gewichtsreduktion von 5 bis zu über 15 % erreicht werden [5].
Verschreibung bei:
Naltrexon/Bupropion kann Menschen mit einem BMI ab 27 und zusätzlichen Begleiterkrankungen wie zum Beispiel Bluthochdruck oder Diabetes Typ 2 oder ab einem BMI von 30 verordnet werden.
Keine Verschreibung bei:
- Patient:innen ab 75 Jahren
- Nierenfunktionsstörungen
- Lebererkrankungen
- früherer oder aktueller Krampfneigung
- Tumor des zentralen Nervensystems
- bei Alkohol- oder Medikamentenentzug
Mögliche Nebenwirkungen:
- Übelkeit und Erbrechen
- Verstopfung
- Schlaflosigkeit, Angstzustände
- Kopfschmerzen
- erhöhte Herzfrequenz [6]
Abnehmspritzen
Liraglutid und Semaglutid: Regulation von Hunger und Sättigungsgefühl
Bei Liraglutid (Saxenda®) und Semaglutid (Ozempic®/ Wegovy®) handelt es sich um sogenannte GLP-1-Antagonisten, die ursprünglich zur Therapie von Diabetes Typ 2 entwickelt wurden, nun aber auch zur Behandlung von starkem Übergewicht eingesetzt werden.
Ozempic® bei Adipositas
Ozempic® wird aktuell „off label“ (= ohne Zulassung), bei adipösen Menschen als Life-Style-Medikament eingesetzt. Das bedeutete, dass ein:e Ärzt:in das Medikament außerhalb der eigentlichen Zulassung (hier: Therapie von Diabetes) verschreiben darf. Immer dann, wenn aus fachlicher Sicht das Medikament die beste Behandlungsoption für den:die Patient:in darstellt. Trotzdem ist eine Kostenerstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen aktuell nicht möglich. Die Kosten werden momentan nur von privaten Krankenkassen übernommen oder müssen von den Patient:innen selbst übernommen werden.
Liraglutid und Semaglutid verbessern – bei erhöhten Blutzuckerwerten – den HbA1c-Wert (Langzeitblutzucker), steigern das Sättigungsgefühl durch eine verzögerte Magenentleerung und verringern Hunger und Appetit. Das führt zu einer starken Gewichtsabnahme. Liraglutid wird einmal täglich unter die Haut gespritzt, Semaglutid nur einmal wöchentlich.
Aus einer Studie geht hervor, dass adipöse Personen (ohne Diabetes) durch die Einnahme von Semaglutid, in Verbindung mit einer Lebensstilintervention, nach etwas mehr als einem Jahr, ca. 14,9 % Gewicht verloren und der BMI um 5,5 kg/m2 sank. In der Placebogruppe, die nur eine Lebensstilintervention erhieltet, wurde lediglich eine Gewichtsabnahme von ca. 2,4 % beobachtet. Ungefähr ein Drittel der Studienteilnehmenden der Semaglutid-Gruppe erreichten sogar einen Gewichtsverlust von über 20 %. Somit sind die Therapieerfolge bei Semaglutid größer als bei Liraglutid [12, 13].
Vor allem Semaglutid (Ozempic®) wird als neues „Wundermittel“ zur Gewichtsreduktion kommuniziert. Seit seiner Zulassung (01/22) ist Ozempic® durch Lieferengpässe des Herstellers in Deutschland nicht erhältlich [14].
Verschreibung:
- BMI ab 27 kg/m2 in Kombination mit Folge- oder Begleiterkrankungen
- BMI ab 30 kg/m2 ohne Folge- oder Begleiterkrankungen
Nachweis notwendig, dass vorab eine konservative Adipositastherapie (Bewegungs-, Ernährungs-, Verhaltenstherapie) durchgeführt wurde und nicht zum gewünschten Behandlungserfolg geführt hat.
→ Hier kannst du deinen BMI ausrechnen.
Das Medikament senkt den Blutzuckerspiegel. Nimmst du Antidiabetika ein, müssen diese von deiner behandelnden Praxis angepasst werden.
Mögliche Nebenwirkungen:
- Übelkeit und Erbrechen
- Unterzuckerung
- Bauchspeicheldrüsenentzündung
- Durchfall
- Verstopfung
- Bauchschmerzen [3, 4]
→ Beschwerden im Magen-Darm-Trakt sind eine häufige Nebenwirkung in der Anfangszeit. Die Dosis wird deshalb schrittweise erhöht. Daher sollten die Medikamente, nur bei medizinischer Notwendigkeit, von spezialisierte Ärzt:innen verschrieben werden. Außerdem sollte die Anwendung überwacht werden.
Gut zu wissen
Vor dem Beginn mit Liraglutid/Semaglutid solltest du dir bewusst sein, dass es sich häufig um eine Langzeittherapie handelt. Viele Mediziner:innen sprechen sogar von einer lebenslangen Therapie.
Der größten Kritikpunkt: Aus Studien geht hervor, dass es in den meisten Fällen wieder zu einer Gewichtszunahme kommt, sobald die Medikamente abgesetzt werden. Zudem scheint die Wirksamkeit mit der Zeit nachzulassen, wodurch nach ca. einem Jahr ein Plateau erreicht wird.
Am wirksamsten scheint die Einnahme der Medikamente, in Kombination mit einer Adipositastherapie zu sein – denn nach einer erfolgreichen Verhaltensänderung, konnte das Gewicht weiterhin gehalten werden, auch wenn die Medikamente abgesetzt wurden. Bei diesen Medikamenten handelt es sich somit nicht um Wundermittel, aber um eine neue vielversprechende Therapiemöglichkeit, die im besten Fall immer gemeinsam mit anderen therapeutischen Maßnahmen umgesetzt werden sollte.
Rezeptfreie Präparate und Tabletten zum Abnehmen
Es werden immer wieder neue rezeptfreie Mittel zum Abnehmen angeboten. Nimm dich vor großen Versprechungen in Acht. Bei vielen als gewichtsreduzierend beworbenen Mitteln ist diese Wirkung nicht wissenschaftlich bestätigt.
Wenn du dich für rezeptfreie Medikamente zum Abnehmen interessierst, sprich die Einnahme ärztlich ab. Einige dieser Präparate können die Wirkung von anderen Medikamenten abschwächen oder verstärken.
Nachhaltig abnehmen: So funktioniert es
Es gibt viele Diäten. Viele von ihnen fördern zwar die Gewichtsabnahme, sind aber langfristig nicht zum Abnehmen geeignet. Es ist entscheidend, dein neues Gewicht langfristig halten zu können – und das ohne Jojo-Effekt.
Ernährung dauerhaft umstellen
Was für eine erfolgreiche Gewichtsreduktion notwendig ist: eine dauerhafte Ernährungsumstellung. Das bedeutet, deine Essgewohnheiten so zu verändern, dass du nicht nur Gewicht verlierst, sondern dieses auch ohne weitere Diäten halten kannst.
Nachhaltige Veränderungen mit professioneller Unterstützung
Deine Ernährung umzustellen und gesunde Gewohnheiten aufzubauen, die du langfristig beibehältst und die dich davor schützen wieder zuzunehmen, ist alleine gar nicht so leicht. Vor allem dann, wenn du schon lange Übergewicht oder Adipositas hast und bereits mehrmals versucht hast, abzunehmen. Damit es beim nächsten Versuch auch funktioniert, hole dir am besten professionelle Unterstützung – das geht übrigens auch digital.
Häufig gestellte Fragen
1. Wie lange dauert die Arzneimitteltherapie?
Bei der Verschreibung der oben genannten Medikamente wird immer ärztlich überprüft, ob du in einem Zeitraum von drei Monaten mind. 5 % deines Ausgangsgewichts verloren hast. Ist dies nicht der Fall, wird die Einnahme des Medikaments abgebrochen. Ansonsten kann es weiter verschrieben werden.
2. Was passiert beim Absetzen der Medikamente?
Nach Absetzen des Medikaments hört die Wirkung auf. Sind die gewünschten Erfolge erzielt und du hast dich an eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung gewöhnt, kannst du dein neues Gewicht auch nach der Medikamenteneinnahme stabil halten.
3. Wer übernimmt die Kosten für die Arzneimitteltherapie?
Medikamente gegen Übergewicht zählen zu den „Lifestyle-Arzneimitteln“ und deren Kosten werden in der Regel nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Es gibt aber die Möglichkeit, einen Antrag auf Kostenübernahme zu stellen.
Quellen
[1] https://adipositas-gesellschaft.de
[2] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
[3] https://www.ema.europa.eu
[4] https://www.gelbe-liste.de
[5] https://onlinelibrary.wiley.com
[6] https://www.ema.europa.eu
[7] https://www.ema.europa.eu
[8] https://www.verbraucherzentrale.de
[9] https://www.ncbi.nlm.nih.gov
[10] https://www.mdr.de
[11] https://www.nejm.org
[12] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33625476/
[13] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26132939/
[14] https://www.bfarm.de/SharedDocs/Arzneimittelzulassung/Lieferengpaesse/DE/2023/info_ozempic_20230322.pdf?__blob=publicationFile